dodis.ch/1988
BUNDESRAT
Protokoll der Sitzung vom 1. Februar 19461

343. SCHWEIZERISCHE KONSULARISCHE VERTRETUNGEN IN DEN DREI WESTLICHEN BESETZUNGSZONEN DEUTSCHLANDS, INSBESONDERE IN DER FRANZÖSISCHEN

Seit dem Zusammenbruch Deutschlands werden unsere konsularischen Vertretungen in der englischen, amerikanischen und französischen, nicht aber in der russischen Besetzungszone weiterhin geduldet2. Sie können ihre Tätigkeit im vollen Umfange weiter ausüben und geniessen weitgehendes Entgegenkommen der zuständigen Besetzungsbehörden, wenn auch verschiedene Schwierigkeiten, insbesondere für die Neubesetzung von Posten und die Zuteilung von zusätzlichen Personal, auftraten.

Erschwert wird die Aufgabe einzelner Konsulate dadurch, dass ihr Konsularkreis verschiedenen Besetzungszonen angehört. Eine de facto-Anpassung der Konsularbezirke an die Besetzungszonen wurde deshalb schon vor einiger Zeit ins Auge gefasst, bis jetzt aber nicht durchgeführt, da noch kürzlich Nachrichten eintrafen, dass eine Neueinteilung der westlichen Besetzungszonen in Aussicht genommen werde und die Frage weniger dringlich ist, seitdem die Verkehrs- und Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Zonen wesentlich gelockert wurden.

Herr Legationssekretär König, schweizerischer Konsul in Baden-Baden, teilt nun mit3, dass er von den obersten französischen Besetzungsbehörden zu einer Besprechung vorgeladen worden ist. Es wurde ihm Kenntnis gegeben, dass entsprechend den Weisungen des interalliierten Kontrollrates auf deutschem Gebiet keine ausländischen Konsulate, wohl aber noch offizielle Vertretungen zur Wahrung der Interessen ihrer Landsleute zugelassen seien, und deshalb die Stellung der schweizerischen Vertretungen in der französischen Zone geregelt werden müsse. Zur Beibehaltung einer Vertretung in der französischen Zone seien bei der französischen Regierung die erforderlichen diplomatischen Schritte zu unternehmen, wie dies die schwedischen und holländischen Regierungen, denen bereits die Bewilligung erteilt worden sein soll, getan hätten. Da die Vertretung in Baden-Baden ermächtigt sein werde, in andern Städten der französischen Zone Agenturen zu unterhalten, wären diese im Ansuchen bei der französischen Regierung mit einzubeziehen. Die Änderung der äussern Form, insbesondere der Bezeichnung der offiziellen Vertretung in Baden-Baden, würde keinen Wechsel des Postenchefs oder des Personals nach sich ziehen.

Dementsprechend sieht das Politische Departement vor, unverzüglich bei der französischen Regierung um Zulassung einer offiziellen Vertretung in Baden-Baden und Agenturen in Freiburg i. Br. (bisher Konsularagentur unter Leitung eines Berufsbeamten), in Konstanz (bisher Konsularstelle) und Tettnang (bisher Hauptsitz des Konsulates Stuttgart) und allenfalls auch in der Rheinpfalz nachzusuchen4.

Da der Kreis des Konsulates Baden-Baden einerseits nur einen Teil der französischen Zone, andererseits auch Gebiete, die von den Amerikanern besetzt sind, umfasst, ist in diesem Zusammenhang beabsichtigt, wie bereits vorgesehen, den Konsularkreis de facto der Besetzungszone anzupassen. Der Vertretung in Baden-Baden soll deshalb die ganze französische Zone zugeteilt und das amerikanisch besetzte Gebiet dem Konsularkreis Stuttgart angegliedert werden. Damit würde den Schwierigkeiten vorgebeugt, die sich daraus ergeben könnten, dass neben der offiziellen Vertretung in Baden-Baden, solche, die in einer andern Zone gelegen sind, ihre Tätigkeit in Teilen der französischen Zone ausüben.

Entsprechend wäre zu verfahren, wenn die Engländer und Amerikaner für ihre Zonen mit einem gleichlautenden Ansuchen an uns gelangen sollten.

Für die Zulassung semidiplomatischer Vertretungen beim interalliierten Kontrollrat in Berlin oder den obersten Behörden der drei westlichen Besetzungszonen haben die Gesandtschaften in London, Washington und Paris bereits Schritte unternommen, die indessen noch zu keinem positiven Ergebnis geführt haben5.

Von dem vorstehenden Bericht wird in zustimmendem Sinne Kenntnis genommen.

1
E 1004.1 1/466.
2
Vgl. E 2001 (E) 1967/113/526.
3
Brief von M. König an W. Stucki vom 19. Januar 1946, ebd.
4
Noch am gleichen Tag wurde C. J. Burckhardt mittels eines Schreibens mit dieser durch den Bundesrat beschlossenen Aufgabe betraut, siehe ebd. Ende März unterrichtete Burckhardt die Abteilung für Politische Angelegenheiten, dass die Westalliierten übereinstimmend «office» bzw. «Amt» als offizielle Bezeichnung für alle ausländischen Vertretungen bestimmt hätten. Im August 1946 konnte sich das «Amt für schweizerische Interesse» wieder Konsulat nennen.
5
Vgl. E 2001 (E) 1/261.