dodis.ch/30289
Interne Notiz des Politischen Departements1

Spanischer Polizeiattaché2

Streng vertraulich

Der spanische Botschafter hat am 11. Oktober auf eigenen Wunsch in der Angelegenheit Llovera (für die Vorgeschichte vgl. Notiz vom 3. Oktober3) bei Herrn Bundesrat Wahlen vorgesprochen.

Herr de Lojendio erläutert und verteidigt einleitend seinen Plan in gleicher Weise, wie er dies bereits am 21. September4 gegenüber Herrn Bundesrat von Moos getan hatte.

Der Chef des Politischen Departements5 weist demgegenüber auf unsere Gesetzgebung hin. Durch StGB 271 und 272 sind Amtshandlungen für einen fremden Staat auf Schweizerboden, ebenso der politische Nachrichtendienst «zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen oder Einwohner» (zu denen auch die spanischen Gastarbeiter gehören) untersagt. Die geplante Tätigkeit von Herrn Llovera kann deshalb nicht gestattet werden, und dessen eventuelle Eingliederung ins Botschaftspersonal vermöchte daran nichts zu ändern. Wir wüssten die Offenheit, mit der uns der Botschafter seine Absichten darlegte, zu schätzen; dadurch lassen sich schwerwiegendere Komplikationen, die ansonst hätten entstehen können, vermeiden; wir müssten aber mit der gleichen Offenheit auf die im Rahmen unserer Rechtsordnung gegebene Unzulässigkeit hinweisen. Die – übrigens sehr strikte – Überwachung politisch extremer Tätigkeiten auf Schweizerboden sei, als Ausfluss unserer Souveränität, einzig unsere Aufgabe und könne nicht mit ausländischen Funktionären geteilt werden.

Eine andere Sache wäre es, wenn es sich darum handeln würde, zwischen der spanischen und der Bundespolizei auf polizeilicher Ebene einen Gedankenaustausch herzustellen. Ein solcher Kontakt läge im gegenseitigen Interesse beider Polizeien (z. B. Vermittlung spanischer Informationen über frühere kommunistische Tätigkeit heute in der Schweiz arbeitender Spanier). Er könne jedoch auch herbeigeführt werden, ohne dass ein Vertreter der spanischen Polizei in Bern Aufenthalt nehme oder gar in das Botschaftspersonal eingegliedert werde. So könnte beispielsweise ein Vertreter der spanischen Polizei in Paris oder in Bonn oder direkt aus Madrid mit der Verbindung zur Bundespolizei betraut werden, wobei er periodisch zu Besuchen nach Bern käme, um mit dem Chef der Bundespolizei hängige Fälle zu erörtern.

Diese Lösung (die vorher mit Dr. Amstein abgesprochen worden war) scheint dem Botschafter nun doch einzuleuchten. Er sieht ein, dass sie den Vorteil hätte, die polizeilichen Kontakte im beidseitigen Interesse gänzlich aus der diplomatischen Sphäre (EPD und Botschaft) herauszuhalten, und er erklärt sich demzufolge bereit, seinen ursprünglichen Plan fallen zu lassen. Es wird vereinbart, dass der Polizeifunktionär Llovera zur näheren Besprechung eines solchen Vorgehens direkt mit Dr. Amstein, bei dem er schon früher vorgesprochen hatte, Kontakt nehmen wird. Es ist klar, dass sich der skizzierte Gedankenaustausch auf polizeilicher Ebene seitens der Bundespolizei im Rahmen der «Vorschriften des EJPD über die Erteilung von Auskünften des Polizeidienstes der Bundesanwaltschaft an ausländische Amtsstellen, vom 29. April 1958»6 abwickeln wird. Dr. Amstein beabsichtigt, sich diesen Kontakt persönlich vorzubehalten7.

Botschafter de Lojendio bittet unter diesen Umständen, die Note seiner Botschaft vom 19. September 19628, worin für Llovera um die Legitimationskarte des Protokolls nachgesucht wurde, als hinfällig zu betrachten. Die Note erheischt somit keine Antwort mehr. Llovera selbst wird die Schweiz, nach getroffener Vereinbarung mit der Bundespolizei, verlassen.

1
E 2001(E)1976/17/416. Paraphe: PO. Diese Notiz wurde von R. Probst verfasst und unterzeichnet.
2
Vgl. DDS, Bd. 22, Dok. 99, dodis.ch/30264.
3
Nicht abgedruckt.
4
Vgl. die Notiz von Probst vom 21. September 1962, nicht abgedruckt.
5
F. T. Wahlen.
6
Vgl. AS, 1958, S. 267 f.
7
Vgl. das Schreiben von A. Amstein an L. von Moos vom 30. Oktober 1962, E 4001(D)1973/125/43: Llovera, der aller Wahrscheinlichkeit nach als Verbindungsmann der spanischen Polizei zur Bundespolizei bezeichnet werden wird, nimmt seinen Wohnsitz entweder in Deutschland oder in Frankreich. Herr Llovera wird periodisch bei mir vorsprechen, um gewisse Fälle spanischer Kommunisten zu besprechen. Ich habe Herrn Llovera gestützt auf unsere Gesetzgebung untersagt, direkt Verbindung zu Spaniern in der Schweiz aufzunehmen.
8
Nicht abgedruckt.