dodis.ch/30354
Der Sektionschef der Abteilung für Politische Angelegenheiten des Politischen Departements, R. Probst, an den schweizerischen Botschafter in Paris, A. Soldati1

Vertraulich

Herr Generalkonsul Studer2 hat Ihnen Kopien seiner vertraulichen Schreiben vom 15.3 und 17. Mai4 an unser Departement übermittelt, worin er die Frage allenfalls notwendig werdender Repatriierungsmassnahmen für die Algerienschweizer sowie der sich daraus ergebenden Anordnungen für die Aufbewahrung des Mobiliars aufgeworfen hat.

Wir beehren uns, Ihnen orientierungshalber bekannt zu geben, dass wir dem Generalkonsulat heute auf kürzestem Wege wie folgt geantwortet haben5:

1. Swissairtransporte

Wir stehen für die Eventualität, dass die gegenwärtigen Transportmöglichkeiten in Algerien für heimkehrwillige Schweizer nicht mehr ausreichen sollten, bereits mit der Swissair in Verbindung. Diese ist in der Lage, mit ungefähr ein- bis zweitägiger Vorankündigung eine Maschine nach Algier zu entsenden. Der Maschinentyp würde je nach Disponibilität entweder eine DC 6B, eine Caravelle oder eine Coronado mit durchschnittlich 74 Passagierplätzen sein. Auf Grund des Chartervertrages zwischen dem Bund und der Swissair in der Höhe von 20’000 Fr. pro Flug käme eine Flugpassage bei Vollbelastung des Flugzeugs auf ca. 270 Fr. pro Person zu stehen6. Da die Maschine den Hinund Rückflug am gleichen Tage durchführen müsste, wären die Passagiere zum voraus mit maximal 20 kg Gepäck pro Person vom Generalkonsulat bereitzustellen, um den Verlad unverzüglich vornehmen zu können. Die Passagepreise könnten je nach Wunsch entweder vorher in Lokalwährung an das Generalkonsulat erlegt werden, wobei ihm das Departement weitere Weisungen für die Verwendung der einkassierten Beträge erteilen würde, oder sie wären nach Ankunft des Flugzeugs in Schweizerfranken zu begleichen. Für Notfälle haben wir unsere Vertretung ermächtigt, Gratispassagen zu gewähren, die nachher mit der EZAF abzurechnen wären. Die verfügbaren Flugplätze sind in erster Linie für Nurschweizer und deren Familienangehörige zu reservieren, wobei wir es dem Generalkonsulat überlassen, Doppelbürger in Härtefällen ebenfalls zu berücksichtigen. Die Heimkehrer würden bei der Ankunft von der EZAF für die erste Betreuung übernommen. Dabei wären der EZAF vom Generalkonsulat zum voraus die Anzahl und möglichst auch die Personalien jener Rückkehrer zu melden, denen in der Schweiz Unterkunftsmöglichkeiten fehlen oder die einer besonderen Pflege bedürften. Die EZAF wird wem möglich eine Begleitperson bereits auf den Flug delegieren.

2. Aufbewahrung von Mobiliar

Mit dem Vorschlag des Generalkonsulats vom 15. Mai7, die Liegenschaft Dar-el-Hassatine als Aufbewahrungszentrum zu verwenden, haben wir uns einverstanden erklärt. Die Entgegennahme der Kader würde natürlich ohne jede Verantwortung des Bundes erfolgen. Dagegen entstünde eine eventuelle Verantwortung gegenüber dem Vermieter bei OAS-Vergeltungsmassnahmen gemäss den Klauseln des Mietvertrags; doch wären wir bereit, diese Verantwortung auf uns zu nehmen. Bezüglich der Nurschweizer und Doppelbürger gelten die gleichen Richtlinien wie unter Ziff. 1. Wir würden mit der Schiffahrtsgesellschaft Keller Line auf Meldung des Generalkonsulats hin Kontakt nehmen, sobald eine genügende Anzahl Kader für einen Schiffstransport vorhanden wäre. Wir setzen voraus, dass die Kosten für Verpackung, Verlad und Transport von unseren Landsleuten getragen werden, sofern es nicht Notfälle sind, die der EZAF möglichst vorgängig zu melden wären. Die Versicherung gegen normale Risiken sowohl für die Einlagerung wie den Transport könnte durch die EZAF organisiert werden, wenn ihr genaue Umzugslisten samt Wertangabe zugestellt werden.

Wir werden Sie über die weitere Entwicklung in bezug auf eventuelle Heimschaffungsmassnahmen orientiert halten8.

1
Schreiben: E 2200.41(-)1977/93/20. Paraphe: PO.
2
J. Studer, Generalkonsul in Algier.
3
Nicht abgedruckt.
4
Nicht abgedruckt.
5
Vgl. das Telegramm Nr. 61 vom Politischen Departement an das schweizerische Generalkonsulat in Algier vom 25. Mai 1962, E 2200.73(-)1977/81/3.
6
Handschriftliche Anmerkung am Rand: Kinder?
7
Vgl. Anm. 2.
8
Zur Nutzung des Heimschaffungsangebotes vgl. z. B. die Notiz Algerien: Anerkennung, Anknüpfung diplomatischer Beziehungen, Schicksal der Schweizerkolonie von R. Probst vom 20. August 1962 (dodis.ch/10402). Zu den Problemen, die den Auslandschweizern in der Folge durch algerische Nationalisierungsmassnahmen erwuchsen, vgl. DDS, Bd. 22, Dok. 185, dodis.ch/30419.