Seit Herbst 1972 hat sich der Bundesrat mehrmals mit dem Fall des ehemaligen zairesischen Aussenministers Losembe beschäftigt. Zuerst mit dem von den zairesischen Behörden gestellten Auslieferungsbegehren, später mit dem Gesuch um Asylgewährung. Eine endgültige Lösung, die vom Justiz- und Polizeidepartement vorbereitet werden soll, steht noch aus2.
Wie sehr diese Angelegenheit, die von Präsident Mobutu sehr persönlich genommen wird, unsere gegenseitigen Beziehungen3 belastet, sei an folgenden zwei Beispielen dargelegt.
Von den von Präsident Mobutu in seiner Rede vom 30. November 1973 angekündigten Enteignungsmassnahmen sind bisher etwa 20 schweizerische In vestoren betroffen worden. Die Respektierung unseres Investitionsschutzabkommens4 ist der zairesischen Regierung durch unsere Botschaft in Kinshasa verschiedentlich in Erinnerung gerufen worden. Eine verbindliche Antwort steht indessen noch aus5. Es handelt sich dabei um eine typische Verzögerungstaktik. Vertraulichen Aussagen zufolge, die von Präsident Mobutu selbst stammen, würde eine Entschädigung der enteigneten Schweizerbürger innerhalb eines Jahres ohne weiteres möglich sein, sofern die Angelegenheit Losembe eine befriedigende Lösung finden sollte6 .
Zudem werden zur Zeit bedeutende, schweizerische Investitionsvorhaben7, wie die Errichtung eines Aluminiumwerkes durch Alusuisse (Gesamtinvestition ca. 150 Mio. $) sowie Neuinvestitionen durch Nestlé, durch die zairesischen Behörden absichtlich zurückgestellt und in direkten Zusammenhang mit dem Fall Losembe gebracht.
Schliesslich sei erwähnt, dass angeblich der zairesische Geheimdienst erfahren haben soll, dass Losembe kürzlich ein Buch geschrieben hat mit dem Titel: «Comment j’ai volé le voleur». Sollte dies zutreffen, so wäre eine Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz infolge politischer Tätigkeit um so gerechtfertigter8.
Da Zaire im September 1974 als Ehrengast am Comptoir Suisse teilnehmen wird9 (zusammen mit Ungarn und Ecuador), scheint uns die Dringlichkeit eines Entscheides in der Angelegenheit Losembe angezeigt, zumal das «timing» eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Selbstverständlich handelt es sich nicht um die Auslieferung Losembes, die vom Bundesgericht abgelehnt wurde, sondern um den definitiven Entscheid einer Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung, womit Losembe die Möglichkeit verbleiben würde, nach Spanien, Portugal oder einem anderen Drittland zu gehen. (Laut vertraulichen Berichten aus Zaire würde es für Präsident Mobutu scheinbar sogar genügen, wenn Losembe nach Liechtenstein versetzt würde10; für ihn handelt es sich lediglich darum, das Gesicht zu wahren. Für uns hingegen stehen wesentliche Interessen und zum Teil das gesamte Vermögen vieler Auslandschweizer auf dem Spiel!11)