dodis.ch/41018
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 17 mars 18491

634.

Auf den vom Herrn eidgenössischen Kommissär Sidler unterm 13.d.M. erstatteten Bericht2, dass er vom k. k. österreichischen Militärkommando in Como die Anzeige erhalten3, es habe die piemontesische Regierung dem Herrn Feldmarschall Radetzky den Waffenstillstand aufgekündigt und es sei in Folge dessen die Grenzsperre sowohl an der piemontesischen als an der Tessinergrenze angeordnet worden und dass er unter diesen Umständen sich veranlasst gefunden habe, ein tessinisches Bataillon in Dienst zu berufen, wurde unterm 15. März beschlossen4, vor dem Erlasse diesfälliger weiterer Anordnungen einen fernem Bericht von Seite des Herrn eidgenössischen Kommissärs zu gewärtigen.

Mit Schreiben vom 14. und 15. dieses5 meldet nun Herr Kommissär Sidler, dass die Regierung von Tessin das Bataillon Rusca in den Dienst berufen habe und theilt die von demselben an den Kommandant dieses Bataillons ertheilte Instruktion mit, welche dahin lautet:

«.Der eidgenössische Kommissär im Kanton Tessin

ertheilt vorläufig dem Herrn Truppenkommandanten des am 13. März aufgebotenen Bataillons, Herrn Staatsrath Rusca, folgende Instruktion:

1. Das unter ihm stehende in den eidgenössischen Dienst gerufene Bataillon No 25 hat die Bestimmung, die Integrität und Unantastbarkeit des schweizerischen Gebietes zu schützen und die Aufrechterhaltung der schweizerischen Neutralität zu wahren.

2. Es wird hauptsächlich deswegen jene Theile der Schweizergrenze gegen die Lombardei besetzen, welche der Gefährdung am meisten ausgesetzt sein dürften, namentlich dem Distrikt Mendrisio.

3. Dasselbe würde jeden Versuch eines bewaffneten Überschrittes der Grenze von Seite der Lombardei her kräftig zurückweisen und auch nicht dulden, dass von Seite der Schweiz her Unbefugte, bewaffnet oder unbewaffnet sich den lombardischen Grenzen nähern, viel weniger selbe überschreiten.

4. Es ist daher ein Hauptaugenmerk auf italienische Flüchtlinge zu nehmen, welche etwa einen Einfall in das lombardische Gebiet in Absicht haben könnten und sorgfältig zu wachen, dass sich keine Flüchtlinge der Grenze nähern. Wenn sich solche zeigten, wären sie zu arretiren und dem Bezirkskommissär zu Verhöraufnahme und weitern Verfügung zuzuführen.

5. Nicht weniger sorgfältig soll darauf geachtet werden, dass nicht Waffenvorräthe von Schweizerboden her auf das lombardische Gebiet hinüber geschmuggelt werden.

6. Es ist überhaupt alles zu hindern, was im Verlauf der Verhältnisse [als eine feindliche Demonstration gegen den einen oder ändern Theil der sich im Kriegszustand befindlichen Mächte betrachtet werden könnte.

7. Der Herr Bataillonskommandant wird über jeden bedeutenden Vorfall oder auch nur Verdacht erweckende Erscheinung dem eidgenössischen Kommissär, unter dessen Befehl er steht, jederzeit beförderlichen Bericht erstatten, übrigens einen kurzen Rapport demselben täglich einsenden.

Lugano, den 14. März 1849

Der eidgenössische Kommissär im Kanton Tessin:

(sig.) G. L. Sidler»

Diesem Berichte legt Herr Sidler das unterm 15.d.M. an das österreichische Grenzkommando erlassene Antwortsschreiben bei6, worin darüber Beschwerde erhoben wird, dass Österreich die Grenzsperre auch gegen den Kanton Tessin ausgedehnt und so einen Theil der Schweiz gleichsam als feindliches Land behandle.

Nach Kenntnisnahme von diesen eingelangten Berichten sind zum Behufe der Aufrechterhaltung der Neutralität und der Sicherstellung der schweizerischen Grenze vor jeder Eventualität folgende Verfügungen getroffen worden:

1. Zu dem bereits in eidgenössischen Dienst berufenen tessinischen Bataillon Rusca ist ein zweites Bataillon, welches der Kanton Thurgau zu stellen hat, aufzubieten und nach dem Kanton Tessin zu entsenden.

2. Das Gesammtkontingent der Kantone Graubünden und Tessin ist auf das Piket zu stellen.

3. Die in eidgenössischen Dienst berufenen Truppen werden unter eidgenössisches Kommando gestellt.

4. Als Kommandant mit der bereits von Herrn Kommissär Sidler ertheilten Instruktion wurde gewählt Herr eidgenössischer Oberst Eduard Salis, aus dem Kanton Graubünden.

5. Von dieser Schlussnahme ist den Regierungen der Kantone Thurgau, Graubünden und Tessin, sowie dem Herrn eidgenössischen Obersten Salis und dem Herrn Kommissär Sidler zum Behuf angemessener Vollziehung Mittheilung zu machen, letzterm unter Genehmigung und Verdankung der von ihm getroffenen Anordnungen.7

6. Die Frage, was für Schritte von Seite des Bundesrathes zur Unterstützung der Beschwerde des Herrn Kommissärs Sidler wegen Ausdehnung der von Herrn Feldmarschall Radetzky angeordneten Grenzsperre auf den Kanton Tessin zu thun seien, wurde zur Begutachtung an das politische Departement gewiesen.8

1
E 1004 1/2.
2
E 2/339.
3
Lettre de Haller du 13 mars 1849 (E 2/339).
4
E 1004 1/2, no 614.
5
E 2/339.
6
Idem.
7
E 1001(E) q 1/2.
8
Cf. le PVCF u 7 avril 1849: Im Hinblicke auf die seit Abschluss des Waffenstillstandes zwischen Österreich und Piemont in Folge des Treffens bei Novara nunmehr wesentlich veränderten Umstände, bei welchen eine bewaffnete Bewachung der Grenze nicht mehr als nothwendig erscheint, wurde beschlossen, es sei dem Herrn Kommissär Sidler die Weisung zu ertheilen, die noch im eidg. Dienste befindlichen zwei Bataillone zu entlassen (E 1004 1/2, no 843).