Anlässlich von Besprechungen über die diplomatische und konsularische Vertretung der Eidgenossenschaft in Asien wurde ich zu wiederholten Malen darauf aufmerksam gemacht, dass speziell mit Bezug auf Japan mein im Jahre 1902 an Sie gerichteter, vom Schweizerischen Handels- und Industrie-Verein publizierter Bericht2 einen ganz ändern Standpunkt vertrete als der vom Jahre 1901.3 Es wurde auch die Wünschbarkeit einer Darlegung dieser Abweichung gegenüber den massgebenden Behörden betont, und ich gestatte mir deshalb, Ihnen im folgenden den Widerspruch zwischen den beiden Berichten zu erklären.
1. Als ich im Herbst 1900 in Yokohama weilte, hatte ich keine Gelegenheit, mit dem schweizerischen Generalkonsul noch mit demjenigen eines ändern Staates die für meine Berichterstattung erheblichen Fragen zu diskutieren. Aus diesem Grunde und auch deshalb, weil ich als Nichtkaufmann mich in diesen Dingen soweit möglich auf die Ansichten von Fachleuten stützen wollte, beschränkte ich mich im allgemeinen darauf, zu konstatieren wie die massgebenderen Kaufleute am Platze urtheilten. Die entschieden ablehnende Haltung der in Japan etablierten Kaufleute – wenigstens der Mehrheit derselben – erklärt sich vornehmlich daraus, dass wie ich im Bericht 1902 über China ausführte, die Interessen der überseeischen Schweizer sich keineswegs decken mit denjenigen der exportierenden Firmen, d. h. Fabrikanten in der Schweiz. Es kommt ferner hinzu, dass vielfach in kaufmännischen Kreisen, die kein Interesse an staatlicher Intervention haben, eine solche schlechthin als wertlos erklärt wird, ein Urteil, welches, weil aus der Mitte der Praktiker kommend, oft grosses Gewicht hat, grösseres oftmals, als es im konkreten Falle verdient.
2. Die ablehnende Haltung eines grossen Theils der Schweizer in Japan gegenüber dem Plan der Errichtung einer Gesandtschaft im Osten ist eine principielle, um nicht zu sagen doktrinäre; nur zum geringsten Theile scheinen Personenfragen mitzuspielen; solche werden vielfach aus bestimmten Gründen in den Vordergrund geschoben. Meine Erfahrungen, die ich in verschiedenen Schweizerkolonien gemacht habe, lassen mich die an den Konsulen geübte Kritik einigermassen skeptisch betrachten.
3. Ein dritter Grund, welcher mich aber namentlich bestimmte, meine Ansicht zu wechseln ist der, dass ich in dem Bericht von 1901 die Unkosten einer schweizerischen Gesandtschaft im Osten gegenüber denjenigen eines Generalkonsulats ganz bedeutend überschätzte und namentlich die Combination Japans, Chinas und Koreas für eine gemeinschaftliche diplomatische Agentur noch gar nicht in Betracht zog. Dieser letztere Punkt, namentlich die Bearbeitung Chinas, ist das durchaus Ausschlaggebende in meinen Augen.
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