dodis.ch/43356
Le Ministre de Suisse à Londres, G. Carlin, au Chef du Département politique, A. Hoffmann1

In Ausführung des in meinem heutigen Telegramm gegebenen Versprechens beehre ich mich, Ihnen beigeschlossen eine Übersetzung der vom 12. Dezember datierten, mir heute morgen zugekommenen Note des Auswärtigen Amtes, No 81577/142, zuzustellen. Diese Note, die sich als eine nähere Ausführung der Ihnen am 9. Dezember übermittelten darstellt, wurde mir zu gleicher Zeit wie Ihre Depesche vom 8. dies eingehändigt.

Aus all diesen Mitteilungen geht hervor, dass Grossbritannien nur unter der Bedingung unsere Zufuhr in den namhaft gemachten Artikeln ungehindert durchgehen lassen will, wenn wir uns zu einem unbedingten und ausnahmslosen Ausfuhrsverbot dieser Artikel verstehen wollen. Jeder Versuch, die britische Regierung von dieser Bedingung abbringen zu wollen, ist, wie ich mich noch heute nachmittag im Laufe einer Besprechung mit Sir E. Crowe (betreffend Petroleum-Ausfuhr aus Italien) vergewissern konnte, vollständig aussichtslos. Wenn wir unsere Industrien, die auf diese Rohstoffe angewiesen sind, nicht vollständig lahmlegen wollen, so müssen wir, wie ich schon in meinem Schreiben vom 8. bemerkte, wohl oder übel, diese Bedingungen annehmen.

So sehr ich das Bestreben des Bundesrats würdige und teile, unter keinen Umständen die Souveränität, das freie Bestimmungsrecht und die Neutralität des Schweiz antasten zu lassen, muss ich doch sagen, dass ich nicht wohl einsehe, inwiefern diese Güter durch die Annahme der gestellten Bedingung berührt sein würden. Man schlägt uns, unter ganz aussergewöhnlichen Umständen, eine Abmachung vor, die zugleich unsere und die Interessen Englands und Frankreichs wahren soll, ohne die Interessen des ändern kriegführenden Teiles zu schädigen. Denn inwiefern würde sich z.B. Deutschland schlechter stellen, wenn wir die bewusste Bedingung annehmen, als wenn wir sie verwerfen und dadurch uns selbst die Einfuhr derjenigen Artikel abschneiden, die die Verbündeten Deutschland und Österreich-Ungarn vorenthalten wollen?

Die Niederlande und Italien haben diese Bedingung angenommen und, was das letztere Land anbelangt, wissen wir zu unserm Schaden, wie streng es sie aufrecht erhält.

Dazu kommt, dass man ja, wie mich Sir E. Crowe versicherte, von uns nicht verlangt, dass wir uns durch eine förmliche Vereinbarung binden. Wir brauchen unsere Verpflichtung, wenn wir sie eingehen, nicht publik zu machen; es genügt, wenn wir im einzelnen Fall auf Ausfuhrsgesuche solcher Waren verneinend antworten. Vielleicht ist das ein Punkt, auf den Herr Grant Duff Ihre Aufmerksamkeit nicht gelenkt hat und der vielleicht den Abschluss einer Verständigung zu erleichtern geeignet wäre.

Noch will ich beifügen, dass das Entgegenkommen, das mir heute Sir E. Crowe bewies, indem er in meiner Anwesenheit anordnete, es solle im Sinne des vorgestrigen Telegramms des Handelsdepartements wegen der Ausfuhr von Petrol aus Italien in die Schweiz sofort an den britischen Botschafter in Rom telegraphiert werden, nicht dahin ausgelegt werden darf, als ob Grossbritannien auf den prinzipiell eingenommenen Standpunkt verzichte. Im Gegenteil werden jetzt alle einzelnen Fälle von Ausfuhrsbewilligungs-Gesuchen der in der beiliegenden Note namhaft gemachten Artikel abschlägig beschieden mit der Begründung, es könne so lange darauf nicht eingetreten werden, als die Schweiz das absolute und unbedingte Ausfuhrsverbot nicht versprochen habe. Unter diesen Umständen habe ich mich meinerseits leider gezwungen gesehen, solche zur Übermittlung an das Auswärtige Amt an mich gelangende Gesuche bis auf weiteres abzulehnen, als erwiesenermassen aussichtslos.

In der Hoffnung, dass es im Interesse unseres Landes möglich sein werde, bald zu einer Verständigung zu gelangen, versichere ich Sie, Herr Bundespräsident, erneuert meiner ganz ausgezeichneten Hochachtung.

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Lettre: E 2001 (B) 1,92b.
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Reproduit en annexe.