dodis.ch/43439
CONSEIL NATIONAL Procès-verbal de la séance du 22 décembre 19151

Interpellation Greulich

Die Herren Greulichund Mitunterzeichner haben folgende Interpellation eingereicht:

Interpellation des Herrn Greulich und Mitunterzeichner, vom 10. Dezember 1915.

Gedenkt der Bundesrat, allein oder mit den Regierungen anderer neutraler Länder, den Kriegführenden seine guten Dienste anzubieten zur baldigen Herbeiführung eines Waffenstillstandes und Einleitung von Friedensverhandlungen.

Unterzeichner: Greulich, AJfolter, Frei-Basel, Gräber, Grimm, Jäggi, Müller-Bern, Näher, Naine, Pflüger, Rikli, Ryser, Schenkel, Seidel, Sigg-Zürich, Studer-Winterthur.

Herr Greulich begründet die Interpellation:

Die Arbeiter, als dem internationalen Verbände angehörend, sind gegen den Krieg. Wir stehen auf dem Boden absoluter Neutralität. Das Weltbürgertum war seiner Zeit das Ideal des Bürgertums. Es gibt kein auserwähltes Volk, es soll auch keines als Knechtenvolk behandelt werden. Wir wollen das Vorbild des allgemeinen Menschentums hochhalten. Das Wort von der Solidarität aller Völker erklang auch im Jahre 1848 aus dem Munde des jungen Alfred Escher. Wir standen im Jahre 1870 mit Bebel und Liebknecht nach der Schlacht bei Sedan und der Erklärung der Republik gegen die Fortsetzung des Krieges und später gegen die Annexion ein.

Wir gedenken auch heute, gut schweizerisch und neutral zu sein und den Bundesrat in der Neutralitätspolitik zu unterstützen.

Der Krieg dauert schon seit Anfang August 1914, und wir haben die Schrekken des Krieges mit seiner grässlichen Verwüstung von Ländern und Millionen von Toten und Verwundeten kennengelernt.

Wir haben am 2. Mai 1915 zufällig Evakuierte gesehen, die von ihrer Heimat vertrieben waren. Es häuft sich Verbrechen auf Verbrechen.

Wer Schuld am Kriege ist, können wir nicht beurteilen. Es ist das bestehende Wirtschafts-System, das am Kriege schuldig ist. Das Kapital hetzt selbst zum Kampfe.

Man rechnet, dass die kriegführenden Mächte schon über 130 Milliarden für den Krieg ausgegeben haben, ohne Berechnung der Verwüstung des Landes. Es gilt immer noch, den Gegner niederzuwerfen, und man will vom Frieden nichts wissen. Begreiflicherweise wollen die, deren Land vom Gegner besetzt ist, am wenigsten vom Frieden wissen. Man sollte aber zur Einsicht kommen, dass ein Niederringen des Gegners weder für die eine noch für die andere Kriegspartei überhaupt möglich ist. Wollen wir warten, bis der Krieg an Erschöpfung zu Ende geht? Die Neutralen sollen zusammenstehen. Wir wollen den Ruf nach Frieden und nach Achtung unserer Existenz erheben. Es muss einer der Neutralen vorangehen, selbst auf die Gefahr, abgewiesen zu werden.

Wenn wir den Ruf nach Frieden in unserem Saale erheben, wird es ein Echo geben in den ändern neutralen Staaten. Wenn die Neutralen sich nicht für den Frieden verwenden, so geht Europa einer Erschöpfung und einer Verarmung entgegen. Wir haben auch das Recht, an den Friedensverhandlungen.teilzunehmen. Es soll Abrüstung verlangt werden, dass nicht ein neuer Krieg ausbricht. Die Neutralen sollen auch den Schutz ihres Handels während der Kriegszeit verlangen.

Wir wollen den Bundesrat nicht in Verlegenheit bringen. Es ist aber eine Pflicht der Menschlichkeit, die Kriegführenden einander näherzubringen, um über den Frieden zu unterhandeln.

Herr Bundesrat Hoffmanngibt namens des Bundesrates folgende Erklärung ab2:

Herr Greulich erklärt sich mit der Beantwortung der Interpellation befriedigt.

1
(Copie): E 2001, Archiv-Nr. 775.
2
Reproduit en annexe.