dodis.ch/44065
Le Chef du Département de l’Economique publique, E. Schulthess, aux Ministres de Suisse à Paris, Londres, Rome et Washington1

Wie Ihnen bekannt ist, stehen wir schon seit Monaten mit den Alliierten in Unterhandlungen über die Aufhebung bzw. Milderung der Blockadevorschriften, namentlich über die Revision des Art. 10c des SSS-Reglementes. Leider sind alle unsere Bemühungen und Vorstellungen bis jetzt fruchtlos geblieben. Der Art. 10 c des SSS-Reglementes, welcher in seiner ursprünglichen Fassung unserer Industrie noch einen ansehnlichen Verkehr mit den Zentralstaaten und im Transit durch diese mit den neutralen Ländern gestattet hatte, dann aber im Verlaufe des Krieges derartige Modifikationen im Sinne der Verschärfung der Ausfuhrbeschränkungen erfuhr, dass die Lage unserer Exportindustrien heute eine unhaltbare geworden ist, hat, soweit der Verkehr mit und durch Deutschland in Frage steht, noch in vollem Umfange Geltung. Die zuständigen Stellen in Paris hatten bis vor wenigen Wochen auf unsere Vorstellungen hin immer eingewendet, eine Revision des Art. 10c des SSS-Reglementes sei nicht mehr notwendig und tunlich, weil die Blockade ja ohnehin in allernächster Zeit aufgehoben werde. Schliesslich erklärte man sich bereit, die Angelegenheit dem Conseil supérieur du Blocus zu unterbreiten. Zu unserer grossen Enttäuschung hat nun der Conseil supérieur die Sache an die Interalliierte Kontingentskommission zur Prüfung und Entscheidung zurückgewiesen.

Der Bundesrat hat nun beschlossen, an die Regierungen in Paris, London, Rom und Washington gleichlautende Noten zu richten, in welchen unsere Begehren nochmals mit allem Nachdruck vertreten werden. Wir lassen Ihnen den Text der Note in der Beilage zugehen mit der Bitte, sie der dortigen Regierung sofort übergeben zu wollen. Da alle auf die Blockadeangelegenheiten bezüglichen Fragen in Paris behandelt werden, haben wir die schweizerische Gesandtschaft in Paris beauftragt, den in Paris befindlichen Vertretern der alliierten Regierungen je eine Kopie der vorliegenden Note zuzustellen.

Was speziell den in der Note enthaltenen Hinweis auf die Tatsache anbetrifft, dass aus den Ententestaaten Waren nach Deutschland geliefert werden, deren Lieferung uns durch die SSS-Bestimmungen verwehrt ist, so möchten wir betonen, dass es sich hier nicht etwa um blosse Vermutungen handelt. Wir besitzen vielmehr Dokumente, aus denen unzweifelhaft hervorgeht, dass ein solcher «Handel mit dem Feind» in ganz beträchtlichem Umfange wirklich stattfindet. Die Aufregung und Erbitterung darüber, dass die Blockade-Vorschriften dazu benützt werden, die Konkurrenz der Neutralen vom deutschen Markte und soweit als möglich auch von den neutralen Märkten fern zu halten, hat in den Kreisen unserer Industrie und unseres Handels einen bedenklichen Grad erreicht. Wenn die Entente uns nicht mindestens durch die Revision des Art. 10 c entgegenkommt, so werden wir unter dem Drucke der öffentlichen Meinung schliesslich dazu gelangen, unserer Industrie die ihr unentbehrlichen Exportmöglichkeiten auch ohne Zustimmung der Entente zu verschaffen. Sie können vielleicht auf mündlichem Wege auf diesen Stand der Dinge noch deutlicher hinweisen als dies in der Note geschehen ist, die wir, um die Empfindlichkeit der Alliierten zu schonen und in der Hoffnung, dass unserem Begehren endlich doch Gehör geschenkt werde, nicht in eine schroffe Form kleiden wollten.

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Lettre (Copie): EVD Zentrale 1914-1918/24-25no 2322. 95/F. Aufhebung der Ausfuhrbeschränkungen. Paraphe: KW. Est reproduit ici le texte envoyé à la Légation de Suisse à Rome.