dodis.ch/44304
Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Ministre de Suisse à Paris, A. Dunant1

Wir sehen uns leider neuerdings2 genötigt, Sie um Ihre Intervention mit Bezug auf die französischen Saarkohlenlieferungen dringend zu bitten. Frankreich hat das im Abkommen vom 25. März d J.3 versprochene Quantum bekanntlich trotz aller Reklamationen und Versprechungen nie voll geliefert. Im August sind bloss ca. 12000 Tonnen zur Ablieferung gelangt! Es besteht keine Aussicht, dass dieses ganz ungenügende Quantum im laufenden Monat wesentlich überschritten wird, indem die Eingänge bis zum 24. September nur ca. 11000 Tonnen ausmachen.

Die französische Botschaft in Bern, bei welcher sowohl unser Departement als auch Herr Dubois, Präsident der Schweiz. Kohlen-Genossenschaft in Basel, mehrfach und eindringlich vorstellig geworden sind, hat nun kürzlich den Vorschlag gemacht, die Schweiz möchte alle ihr aus dem Saargebiet zustehenden Kohlen mit eigenen kompletten Eisenbahnzügen abholen, da die ungenügenden Lieferungen auf die Transportkrisis zurückzuführen seien. Trotz grosser Schwierigkeiten haben sich die Bundesbahnen auf unsere Veranlassung hin hiezu bereit erklärt und Fachleute nach Strassburg geschickt, um die Détails mit den dortigen Behörden zu vereinbaren. Zu ihrer grössten Überraschung wurde jedoch die Stellung des Eisenbahnmaterials durch die Schweiz von den französischen Amtsstellen zurückgewiesen mit der Begründung, es seien von Paris keine bezüglichen Instruktionen eingetroffen. Noch befremdender ist die den Vertretern der S.B.B. gemachte Mitteilung, die Behörden in Paris hätten ausdrücklich Weisung gegeben, der Schweiz in den Monaten August und September nur 20000 Tonnen zu liefern! Ihnen, Herrn Dubois und uns gegenüber ist dagegen immer erklärt worden, man habe bestimmtesten Auftrag erteilt, der Schweiz ihr volles Quantum von 60000 Tonnen zukommen zu lassen.

Die Art und Weise, wie französischerseits das Abkommen vom 25. März erfüllt wird, erhellt noch deutlicher aus folgendem Vorfall: Die Kohlen-Genossenschaft in Basel hat kürzlich von Ingénieur en chef du matériel et de la traction der Elsass-Lothringer-Bahnen in Strassburg ein Schreiben des Inhalts erhalten, die Elsass-Lothringer-Bahnen hätten einen Zug von 316 Tonnen, ungefähr zur Hälfte mit amerikanischer, zur Hälfte mit Saarkohle beladen, der für die Schweiz bestimmt gewesen ist und ausschliesslich aus Schweizerwagenmaterial bestand, beschlagnahmt und für eigene Zwecke ausgeladen. Die Kohlen-Genossenschaft wurde ersucht, dafür Rechnung zu stellen!

Ein weiterer Kommentar für ein solches Verhalten erübrigt sich wohl. Sie werden mit uns einig gehen, dass dagegen mit aller Schärfe protestiert werden muss.

Im weitern möchten wir darauf hinweisen, dass unsere Kohlenversorgung gegenwärtig fast ausschliesslich von der geregelten Spedition über die linksrheinischen Eisenbahnlinien abhängig ist. Die Kohlen aus der Saar, aus Belgien, aus England und aus Amerika, müssen auf diesem Wege in die Schweiz transportiert werden. Nun sind aber die linksrheinischen Eisenbahnlinien und Häfen derart überlastet und es herrscht dort eine derartige Unordnung, dass die Transporte oft sehr lange stocken, was nebst allen ändern Unzukömmlichkeiten eine ausserordentliche Erhöhung der Transportkosten und für die Schweiz Aufwendungen mit sich bringt. Die Kohlen-Genossenschaft sowohl als die Fero haben ihr möglichstes getan, um die französischen Lokalbehörden zu bewegen, den Transport auch auf den rechtsrheinischen Linien zu gestatten. Herr Dubois hat sich hierfür persönlich bei Herrn Minister Loucheur verwendet. Bisher ist aber diese Erlaubnis jeweilen nur für einige wenige Tage erteilt worden, sodass eine Behebung der Schwierigkeiten bis jetzt in befriedigender Weise nicht möglich war. Wir bitten Sie, bei der zuständigen Stelle auch eindringlich dahin wirken zu wollen, dass die Benützung der rechtsrheinischen Häfen und Eisenbahnlinien für unsere Kohlentransporte uneingeschränkt gestattet werde.4 P.S. Zu Ihrer weitern Orientierung übermitteln wir Ihnen noch vertraulich Kopie eines Schreibens, welches Herr Dubois an Herrn Minister Loucheur am 15. d.M. gerichtet hat.5

1
Lettre: E 2200 Paris 1/1551.
2
Cf. no 55.
3
Cf. DDS 7/1, no 283.
4
Dès la réception de cette lettre, le Ministre Dunant a rédigé une note circonstanciée et très catégorique[...] ; il ose espérer que cette fois le Gouvernement français ne se contentera pas de promesses et que le résultat des multiples démarches, auxquelles il a donné un caractère d’extrême urgence ne se fera pas attendre. Un postscriptum de la même lettre du Ministre Dunant au Conseiller fédéral Schulthess du Ier octobre dit: J’ajoute, [...] que j’ai eu à déjeuner aujourd’hui un ami intime de M. Millerand, auquel j’ai exposé en détail la situation et qui a pu me donner l’assurance qu’une fois mis au courant de la situation, M. Millerand lui-même interviendrait dans le sens de nos conclusions (E 2200 Paris 1/1551). Pour la réponse française, cf. no 65 note 5.
5
Reproduit en annexe.