dodis.ch/44342
Le Chef du Département de l’Economie publique, E. Schulthess, au Ministre de Suisse à Berlin, A. von Planta1

Leider Hessen mir die Geschäfte und ein leichtes Unwohlsein bisher keine Zeit, alle diejenigen Fragen gründlich zu behandeln, die zwischen uns schweben. In aller Eile möchte ich Ihre Mitteilungen verdanken und noch folgendes beifügen:

1. Mit der Kohlenversorgung sind wir weniger schlecht daran als andere Länder. Immerhin dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, dass wir so lange nicht aus der Misere herauskommen, als nicht das Hauptquantum der von uns benötigten Kohlen von Deutschland geliefert wird. Loucheur hat den Herren Dunant und Dubois erklärt, dass wir mehr als 20’000 Tonnen Saarkohlen pro Monat nicht bekommen könnten. Dagegen regt er einen Austausch amerikanischer Kohlen, die wir gekauft haben, mit Ruhrkohlen, die seitens Deutschlands an Frankreich abzugeben wären, an, und endlich stellt er uns noch in Aussicht, dass wir ein gewisses Quantum der von Deutschland an Frankreich zu liefernden Kohlen bekommen könnten, da Frankreich nicht in der Lage sei, das gesamte ihm zukommende Quantum abzuholen. Dies teilen wir Ihnen zu Ihrer Orientierung mit.

Von Herrn Ludwig Schwarz, der soeben aus Berlin zurückgekehrt ist, vernehmen wir, dass wohl grössere deutsche Kohlenlieferungen für die Schweiz in der nächsten Zeit nicht erhofft werden können. Aber unsere Tendenz muss eben doch dahin gehen, sobald wie möglich die deutschen Lieferungen zu steigern, und es liegt dies wegen der Valuta im Interesse beider Teile und wegen der Sicherung der Kohlenversorgung namentlich im Interesse der Schweiz.

2. Die von uns bestellte Kommission wird die Massnahmen, die im Hinblick auf die von Deutschland importierten Fertigfabrikate zu treffen sind, nochmals beraten und die speziell betroffenen Branchen, darunter ganz besonders die Möbelindustrie, anhören. Die Lage ist eine recht schwierige, und schliesslich können wir es natürlich nicht zu einer Einstellung der Arbeit in wesentlichen Industrien des Landes kommen lassen, denn die Aufrechterhaltung der Arbeit ist nach unserer Überzeugung die Grundlage der Ordnung und des sozialen Friedens. Dagegen ist es eminent schwer, zu einer positiven befriedigenden Lösung zu kommen. Wie mir Herr Ludwig Schwarz mitteilte, will man in Deutschland selbst gegen die zu billigen Lieferungen nach der Schweiz auftreten. Ob die

Regierung und die Verbände Remedur schaffen können, wollen wir abwarten.

Mehr versprechen wir uns von einer sukzessiven Verteuerung der deutschen Erstellungskosten und von der Unmöglichkeit vieler deutscher Industrien, effektiv zu liefern.

3. Mit 30. November d.J. läuft das jetzt bestehende Wirtschaftsabkommen mit

Deutschland ab. Wir sind uns noch nicht recht klar, ob wir zu einer Verlängerung

Hand bieten sollen. In erster Linie ist hierfür massgebend, ob uns dadurch gewisse Garantien für die Kohlenlieferungen geboten würden. Zu erwägen wäre auch die Frage, ob nicht in Zukunft vom Abschluss solcher Abkommen Umgang genommen werden soll. Wir glauben indessen, dass eine Übereinkunft für uns eventuell doch gerade in Beziehung auf die Landesversorgung grössere Garantien bieten könnte. Speziell Kohlenlieferungen zu erhalten, dürfte schwierig sein, wenn man sich nicht auf eine bestehende Verpflichtung berufen kann.

4. Der Presse entnehme ich, dass das Konsortium, welches aus der Zeche

«Präsident» der Kohlengenossenschaft Kohlen zu Fr. 90.– liefert, solche in

Deutschland zu M 90.– erhält. Das war hier unbekannt. Ich behalte mir vor, auf die Angelegenheit zurückzukommen und von dem Konsortium eine Preisreduktion zu verlangen.

Von Ihren Berichten vom 25. Oktober2, die ich Ihnen bestens verdanke, habe ich mit grossem Interesse Kenntnis genommen.

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Lettre (Copie): EVD Zentrale 1914-1918/21-22. Paraphe: KW.
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Non reproduits.