dodis.ch/45732
Le Vorort de l’Union suisse du commerce et de l’industrie1 au Chef du Département des Finances, J.-M. Musy2

Aus der Presse konnten wir ersehen, dass der Bundesrat beabsichtigt, den eidgenössischen Räten demnächst eine Beteiligung der Schweiz an der Sanierungsanleihe des Völkerbundes zugunsten Österreichs vorzuschlagen3. Obschon uns alle nähern Einzelheiten und insbesondere die Voraussetzungen einer solchen schweizerischen Beteiligung unbekannt sind, möchten wir uns doch gestatten, Ihnen einige bezügliche Erwägungen anheimzustellen.

Soviel wir aus allen bisherigen öffentlichen Mitteilungen feststellen konnten, besteht der Zweck der Anleihe darin, dass Österreich ermöglicht werden soll, seinen finanziellen Verpflichtungen im Ausland wieder nachzukommen. In erster Linie dürfte es sich dabei natürlich um den Schulden- und Amortisationsdienst der österreichischen Anleihen handeln. Wir betrachten es nun als selbstverständlich, dass aus der von der Schweiz zu übernehmenden Tranche, deren Höhe sich auf 12 Millionen Fr. belaufen soll, in erster Linie und unter allen Umständen die schweizerischen Anleihensgläubiger Österreichs befriedigt werden sollten. Wir glauben, dass die Schweiz hier nicht weniger als andere am Anleihen beteiligte Staaten das Recht und zugleich die Pflicht hat, auf ihre eigenen Staatsangehörigen Rücksicht zu nehmen. Es kann doch wohl nicht beabsichtigt sein, mit in der Schweiz aufgenommenen Geldern österreichische Verpflichtungen in Dritttstaaten zu erfüllen, solange noch schweizerische Gläubiger in ihren Rechten verkürzt sind. Sodann bitten wir Sie, nicht ausser Acht zu lassen, dass Österreich ausser seinen Anleihensverpflichtungen der Schweiz gegenüber auch noch andere Verpflichtungen abzutragen hat. Wir möchten dabei in erster Linie an den noch nicht abgetragenen Saldo aus dem österreich-schweizerischen Clearingabkommen erinnern, der immer noch rund 5 Millionen Fr. beträgt4. Durch die Zwangsmassnahmen der staatlichen Devisenbewirtschaftung in Österreich ist die Schweiz zum Abschluss dieses Abkommens gezwungen worden und den schweizerischen Gläubigern stand deshalb auch keine andere Möglichkeit mehr offen, als ihre Guthaben bei der Österreich ischen Nationalbank einzahlen zu lassen. Wiederum durch die staatlichen Massnahmen Österreichs ist es unmöglich geworden, diese Guthaben den schweizerischen Gläubigern zufliessen zu lassen, obschon sie bei der Österreich ischen Nationalbank einbezahlt sind, und es handelt sich deshalb auch bei diesem bei der Österreich ischen Nationalbank liegenden Clearingsaldo um eine Schuld Österreichs gegenüber schweizerischen Gläubigern. Es sollte deshalb unter allen Umständen auch dafür gesorgt werden, dass aus der schweizerischen Tranche der bevorstehenden Anleihe diese Schuld ebenfalls abgetragen wird. Des fernem wollen Sie bei einer Beteiligung der Schweiz an der Anleihe nicht übersehen, in wie weitgehendem Masse Österreich schweizerische Gläubiger aus Warenlieferungen nach Österreich einschränkt und wie schwer es hält, den schweizerischen Export nach Österreich infolge dieser Beschränkungen im Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten. Es sollten Österreich gegenüber in dieser Hinsicht bestimmte Forderungen aufgestellt werden, über die vielleicht im einzelnen noch zu sprechen wäre.

Vorab liegt uns aber daran, dass unter allen Umständen verhütet werden sollte, den Ertrag des schweizerischen Anteils an der Anleihe Österreich zur Verfügung zu stellen, solange nicht die schweizerischen Anleihensgläubiger für ihre Ansprüche gesichert sind und solange nicht die schweizerischen Clearinggläubiger ebenfalls gedeckt sind. Bei aller Sympathie für Österreich und sein Volk würde jedenfalls die schweizerische öffentliche Meinung es nicht verstehen, wenn die schweizerische Mitwirkung an der Anleihe ohne Rücksichtnahme auf die berechtigten Ansprüche schweizerischer Gläubiger zugesagt würde. Wir bitten Sie dringend.

1
Lettre signée par le Président, J. Syz, le Délégué, E. Wetter et le 1er Secrétaire, O. Hulftegger.
2
Lettre: E 6100 (A) 6, Archiv-Nr. 135.
3
Le 9 septembre, le Conseil fédéral décide à l’unanimité d’ajourner la discussion sur une éventuelle participation à l’action de secours au début du mois d’octobre. Il souhaite être informé des possibilités qui existent de régler les différends économiques avec l’Autriche. Il craint aussi que toute proposition d’aide à l’Autriche ne soit utilisée, lors de la session d’automne des Chambres fédérales, par les adversaires de la réduction des traitements du personnel fédéral (E 1004 1/336).
4
Cf. no 159.