dodis.ch/47970
Le Chef de la Section du Contentieux et des Intérêts privésà l’Etranger du Département politique, R. Kohli, au Ministre de Suisse à Londres, P. Ruegger1

Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 21. November2 v.J. beehren wir uns, Sie im nachfolgenden über die schweizerische Stellungnahme zu einem Kreditgesuch, das seitens der holländischen Regierung erging, zu orientieren:

1. Die holländische Regierung ist zu Ende des letzten Jahres durch ihren Sonderdelegierten, Herrn Beyen, mit folgendem Kreditbegehren an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement herangetreten:

Die schweizerische Regierung möge der holländischen Regierung einen Kredit bis zu 100 Millionen Franken gewähren. Die holländische Regierung würde dagegen Staatsschuldscheine, welche zu 3’/2% verzinslich sind, ausstellen und sich zur Rückzahlung der gesamten Schuldsumme fünf Jahre nach der völligen Befreiung Hollands (europäischer Landesteil) verpflichten. Die Kreditsumme würde zur Auftragserteilung an schweizerische Industrien, im wesentlichen für Nachkriegslieferungen verwendet werden.

2. Die interne Prüfung ergab Übereinstimmung darüber, dass es angezeigt erscheine, auf das Gesuch einzutreten, um auf diese Weise einen auch politisch wünschbaren ersten Schritt zur Wiederaufnahme unserer Wirtschaftsbeziehungen zu Holland zu tun. Eine schweizerische Vorleistung in Schweiz sei auch in der Lage, den neu aufgetretenen dringlichen Wiederaufbaubedürfnissen Hollands durch kurzfristige Lieferungen wenigstens teilweise zu entsprechen; sie müsse sich aber bei der Verteilung der Aufträge auf die verschiedenen Sektoren ihrer Wirtschaft ein entsprechendes Mitspracherecht Vorbehalten. Im weiteren sehe die Schweiz durch ihre seit Monaten dauernde Abschnürung von allen Zufuhren aus Übersee und durch den rapiden Rückgang der Kohlenlieferungen aus Deutschland Schwierigkeiten voraus, die sie zwingen, eine eventuelle Kreditgewährung von bestimmten Gegenleistungen Hollands abhängig zu machen. Als solche kämen in erster Linie in Frage:

a) die Zurverfügungstellung von 60 000 Tonnen Schiffsraum aus der holländischen Handelsmarine spätestens nach Abschluss des Waffenstillstandes in Europa;

b) die Lieferung von Kohlen sofort nach der Wiedereröffnung der Transportwege nach der Schweiz, spätestens im Zeitpunkte, in welchem Holland mit der Lieferung von Kohlen an Drittländer beginnt. Das jährliche Ausmass soll den Stand der Vorkriegslieferungen (Mittel 1931-1938 = 340000 Tonnen im Jahr) erreichen und in der Preislage den dannzumaligen Verhältnissen entsprechen.

Weiter wurde dem Begehren um Gewährung eines reinen Staatskredites eine Lösung entgegengehalten, bei welcher die schweizerischen Privatbanken als Kreditgeber eingeschaltet werden sollen. Eine schweizerische Bankengruppe, bestehend aus dem Schweizerischen Bankverein, der Schweizerischen Kreditanstalt, der Schweizerischen Bankgesellschaft und der Eidgenössischen Bank A.G., wovon die Erstere mit der Korrespondenz- und Buchführung betraut wird, hat sich zu einer Kreditgewährung von 50 Millionen Franken bereit erklärt, wobei der Bund 85% des Risikos und die Banken einen Selbstbehalt von 15% zu übernehmen hätten.

Um das Risiko des Bundes noch weiter (wenn immer möglich auf 75-80%) zu reduzieren, wird eine Exportabgabe von einigen Prozenten erwogen. Ihr Ertrag würde einem Garantiefonds zufliessen, der im Falle eines Verlustes voll eingesetzt und im Falle einer verlustlosen Abwicklung der Kreditaktion ganz oder teilweise der holländischen Regierung zur Verfügung gestellt werden könnte. Eine Exportabgabe von wenigen Prozenten erscheint vertretbar, da bei Lieferungen auf Grund des zu gewährenden Kredits der schweizerische Exporteur voraussichtlich in den Genuss einer vollen Auszahlung des Fakturabetrages in Schweizerfranken gelangen wird.

In der Beilage lassen wir Ihnen in Abschrift je ein Exemplar des schweizerischen Gegenvorschlages und der vom Bankenkonsortium aufgestellten Bedingungen zukommen3. Wie Sie daraus zu entnehmen belieben, lautet der jährliche Zinssatz auf 1 % über dem offiziellen Lombardsatz, minimal auf 3 1/2 %. Ferner wird eine einmalige Eröffnungskommission von l'/2% erwähnt. Auf Grund einer nachträglich zwischen Herr Beyen und der Bankengruppe erfolgten Besprechung ist in dieser Beziehung eine Änderung eingetreten, indem der Kredit nunmehr zu einem Zinssatz von 11/4% über dem offiziellen Lombardsatz, minimal aber zu 33/4% gewährt werden soll. Die einmalige Eröffnungskommission würde bei dieser Regelung auf 1/2% herabgesetzt werden.

Der holländische Delegierte wird nunmehr seine Regierung in London über das Ergebnis der Besprechungen unterrichten und ihr den vom schweizerischen Delegierten für Handelsverträge übergebenen Gegenvorschlag unterbreiten.

1
Lettre (Copie): E 2001 (E) 2/630. Paraphe: ZU.
2
Non reproduite.
3
Non reproduit.