dodis.ch/48021
Le Ministre de Suisse en Allemagne, H. Frölicher, au Chef de la Division des Affaires étrangères du Département politique, W. Stucki1

Herr Minister und lieber Kollege,

Diesen Brief diktiere ich bei Herrn Minister Feldscher in Kisslegg, den ich heute besuchte. Die Schutzmachtabteilung richtet heute ein Schreiben an die Abteilung für Fremde Interessen, worin Bericht erstattet wird über die rumänischen und bulgarischen Diplomaten, die in Deutschland interniert sind2. Die Verhältnisse, unter denen diese Schützlinge leben müssen, sind schlechter als diejenigen von Kriegsgefangenen und werden jeden Tag katastrophaler, namentlich dann, wenn es zum endgültigen Zusammenbruch kommt. Soeben ist ein Inspektor der Schutzmachtabteilung von einem Besuch dieser Unglücklichen zurückgekommen und hat uns dies mitgeteilt. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes gab ihm zu verstehen, dass Deutschland nicht mehr die Möglichkeit habe, für diese Personen zu sorgen, und teilte vertraulich mit, dass es das beste wäre, wenn sie die Schweiz auf ihrem Gebiet übernehmen würde.

M.E. sollte die Gesandtschaft oder die Schutzmachtabteilung möglichst umgehend ermächtigt werden, der Deutschen Regierung den Vorschlag zu machen, diese Diplomaten (es sind etwa 300 Rumänen und 100 Bulgaren) in der Schweiz bis zum Kriegsende zu internieren. Wie mir Herr Feldscher sagt, wurde dieser Wunsch auch von der Rumänischen und Bulgarischen Regierung ausgesprochen. Ich kann mir nicht denken, dass die Schweiz aus kleinlichen Bedenken es ablehnen könnte - um so mehr als sie Schutzmacht ist - diesen Personen einen Aufenthalt zu gewähren, selbst wenn die Gefahr bestehen sollte, dass einige wenige von diesen Personen aus Angst vor den Russen um ein längeres Asylrecht nachsuchen könnten. Viele von diesen Diplomaten werden übrigens wieder ihr Land vertreten und es würde bei diesen Personen einen lamentablen Eindruck hinterlassen, wenn sich die Schutzmacht geweigert hätte, unter den erwähnten traurigen Verhältnissen den nachgesuchten Aufenthalt zu gewähren.

Ich glaube es wäre gut, wenn Sie sich auch dieser Sache annehmen würden, damit die Abteilung für Fremde Interessen rasch zu dem richtigen Entschluss kommt.

1
Lettre: E 2801/1967/77/6. W. Stucki a visé ce document le 16 avril, puis l’a transmis au Chef du Département politique. Max Petitpierre a écrit le 19 avril en tête du document: D’accord. Sous réserve des possibilités de transports et autres questions techniques.
2
Annotation de M. Petitpierre dans la marge: Prudence. Se limiter à un geste.