05.05 Uhr
S[talder] wird telefonisch von Daniel Häne (DH) der sich mit Frau Christa Felder (CF), die ausreisen will, auf dem Flughafen Mehrabad befindet, informiert, dass F[elder] nicht ausreisen kann und ersucht S[talder], auf den Flughafen zu kommen.
05.10 Uhr
S[talder] informiert H[affner].
05.15 Uhr bis 05.30 Uhr
Telefon H[affner] mit Direktor Ansari (A): Ich teile A[nsari] mit, ich hätte ein sehr ernsthaftes Problem. Eine meiner Mitarbeiterinnen, mit Diplomatenpass, werde am Flughafen zurückgehalten. Es werde ihr nicht erlaubt, Teheran in Richtung Schweiz zu verlassen. Dies sei ein klarer Verstoss gegen die Wiener Konventionen5 und unakzeptabel für die Schweizer Regierung. Ich fordere ihn auf, sofort Instruktionen zu geben, die Beamtin ausfliegen zu lassen. A[nsari] antwortet, uns sei doch gesagt worden, dass wir Teheran nicht verlassen dürften. Ich widerspreche ihm klar: Dies sei nicht wahr. Als ich dem mir den Entscheid des «Teheran-Arrests» mitteilenden Protokollbeamten (Mortezae Far = MF) die präzise Frage gestellt habe, ob dies auch für Ausreisen in die Schweiz gelte, war dieser nicht imstande, eine Antwort zu geben. Er sagte, wir würden diesbezüglich noch informiert werden, was aber nie geschah. A[nsari] behauptet, es sei ihm vor meinem Treffen mit F[ar] gesagt worden, F[ar] werde mich informieren, das Verbot gelte auch für Flüge aus Teheran nach der Schweiz. Ich wiederhole, dies entspreche nicht den Tatsachen. Ich füge an, das Verbot, Teheran zu verlassen, sei uns als Massnahme zu unserem eigenen Schutz erklärt worden. Ein Zurückhalten beim Abflug in unser eigenes Land sei jedoch nicht mehr als Sicherheitsmassnahme erklärbar. Ich bestehe darauf, dass man F[elder] unverzüglich ausfliegen lässt. A[nsari] antwortet, er sehe ein, dass dieser Fall für die Schweiz ein ernsthaftes Problem sei. Für die iranische Regierung sei es aber ein umso ernsthafteres Problem, dass seit einer Woche ein Botschaftsangestellter in der Schweiz gefangen sei, ohne Angabe von Gründen. Dies sei ein Verstoss gegen die Wiener Konventionen. Ich erläutere A[nsari] noch einmal in Ruhe, dass es sich beim Verhafteten weder um eine Person mit Diplomatenpass handle, noch sei er bei unserem Aussenministerium als Mitarbeiter der Botschaft angemeldet gewesen. Bei der jetzt am Flughafen zurückgehalteten Person handle es sich aber zweifelsfrei um eine Person mit Diplomatenpass, die somit durch die Bestimmungen der Wiener Konvention geschützt werde. Ausserdem stimme es nicht, dass der Verhaftete seit einer Woche ohne Angabe von Gründen gefangen gehalten werde. Ich verweise ihn auf den Sachverhalt von Punkt eins meiner gestern übergebenen Note,6 der dem IRI-Aussenministerium bereits am 24.12.1991 auf verschiedenen Kanälen erläutert wurde.7 A[nsari] erwidert, die Schweiz hätte nun eine Woche Zeit gehabt, die Anschuldigungen gegen den Verhafteten darzulegen und zu begründen. Dies sei nicht geschehen und er sitze noch immer unschuldig in Haft. Ich stelle klar, dass es nicht an uns liege, irgend etwas gegen den Verhafteten zu beweisen, da in der Schweiz keine Anklage gegen ihn erhoben wurde. Die französischen Behörden hätten einen internationalen Haftbefehl ausgestellt, dem wir aufgrund europäischer Abkommen Folge geleistet hätten. Ich wiederhole, ich hätte auf einer sofortigen Ausreise meiner Mitarbeiterin zu bestehen, andernfalls sei es diesmal das IRI-Aussenministerium, das allfällige Konsequenzen zu tragen habe. Ich sage: «This is going to provoke a scandal. If she cannot leave Tehran, what is she then: a hostage?» A[nsari] springt förmlich auf das Wort hostage und sagt sofort: «She is nothing of the sort. I will see what I can do. I call you back.» Ich bedanke mich und sage, ich warte dringendst auf eine Antwort, da sonst das Flugzeug abgeflogen sei. (Ansari ruft nicht zurück)
05.30 Uhr
S[talder] verlässt die Residenz. Die Bewacher im Polizeiauto vor der Residenz schlafen. S[talder] entwischt unentdeckt.
(Ende 1. Teil)
(2. Teil)
06.00 Uhr
S[talder] trifft auf Flughafen ein. Spricht mit verantwortlichem Offizier, der bestätigt, dass ein Telexschreiben vorliegt. Nach Kontaktnahme mit H[affner] (der bestätigt, mit Ansari gesprochen zu haben) lässt S[talder] die Sicherheitsleute auf dem Flughafen Ansari telefonieren. Ansari erklärt gegenüber S[talder], dass er keine Befehlsgewalt über die Flughafenpolizei besitze, dass er versuchen werde, jemanden zu erreichen, aber dass dies nicht vor 08.00 Uhr geschehen werde. S[talder] erklärt ihm die Konsequenzen, wenn F[elder] nicht ausreisen kann (Titelnachricht in den Morgennachrichten in der Schweiz und damit Verkomplizierung der Situation) und bittet ihn alles zu veranlassen, da noch eine halbe Stunde Zeit sei, da das Flugzeug zwei Stunden verspätet abfliegt (07.00 Uhr statt 05.00 Uhr).
06.10 Uhr
H[affner] gibt Ammann (AJ) den Auftrag, Bern zu informieren, da H[affner]'s Telefonlinie für einen ev. Rückruf von Ansari frei bleiben muss.
06.35 Uhr
S[talder] erhält definitiv negativen Bescheid. Der Pass bleibt konfisziert, die Ausstellung einer Empfangsbescheinigung wird verweigert (verantwortlicher Offizier: Mr. Azaripoor).
06.40 Uhr
S[talder] informiert telefonisch H[affner].
07.00 Uhr
Telefon H[affner]–Ammann: Ammann hat GS Schaller informiert. Schaller erwartet Telex von uns.
07.15 Uhr
H[affner] und S[talder] treffen gleichzeitig bei der Kanzlei ein (H[affner] von Residenz, die nicht mehr bewacht ist, S[talder] mit Kurier vom Flughafen). Eintritt in die Kanzlei wird erst nach einigen Minuten gestattet. S[talder] blockiert für wenige Minuten mit seinem Fahrzeug die Durchgangsstrasse, dadurch beschleunigt sich die Abfertigung...
08.00 Uhr
H[affner] informiert telefonisch Botschafter Freitag (D).
08.10 Uhr
Unser Flash 385 geht nach Bern ab.8
08.30 Uhr
Sowohl die Lokalangestellten wie auch das Schweizer Personal hatten Mühe in die Botschaft eingelassen zu werden. Vom Lokalpersonal sind noch nicht alle Aufgebotenen eingelassen worden.
Vom Schweizer Personal sind folgende Leute auf der Botschaft:
Hans Stalder, Urs Flückiger, Daniel Häne und Christa Felder. Ammann, Boschung und Siegwart wurden gebeten zuhause zu bleiben.
09.05 Uhr
Der britische Geschäftsträger a. i., Sharrington, erkundigt sich nach unserer Lage und bietet seine Hilfe an.
09.45 Uhr
GS Schaller bestätigt Eingang Flash 385.9
GS Schaller beantwortet unsere Frage bezüglich Aussagen gegenüber CH-Presse folgendermassen: Wir dürfen weiterhin Angaben bezüglich unserer Situation machen, politische Kommentare sind selbstverständlich von den Journalisten bei Cameroni einzuholen. Bezüglich einer Protestnote, die von H[affner] allenfalls dem Aussenministerium zu überbringen wäre, verspricht er uns, möglichst bald Bescheid zu geben. Auf Schallers Frage was wir von hier aus an Gegenmassnahmen in Teheran inbetracht ziehen würden, antwortet H[affner], es wäre für uns hier ein logischer Schluss, unter diesen Bedingungen den Botschaftsbetrieb bis auf weiteres ganz einzustellen.
Schaller erwähnt, Bern müsse auch überlegen, ob gegenüber der IRI-Botschaft in Bern Massnahmen ergriffen werden sollten. Unsere Bemerkung dazu: Dies würde dem iranischen Slogan «tit for tat» entsprechen.
10.00 Uhr
Herr Boschung telefoniert von seiner Residenz und teilt mit, die F. I.10 seien umringt von Sicherheitsleuten, sämtliche Besucher der im gleichen Gebäude eingemieteten Bühler-MIAG würden aufs peinlichste kontrolliert. Diese Info hat er vom Bühler-MIAG Personal.
10.30 Uhr
Frau Stalder telefoniert von der Residenz und teilt mit, seit einer halben Stunde würden drei iranische Freundinnen die zu Besuch kommen wollen, vor dem Haus von der Polizei aufs peinlichste verhört und nicht eingelassen.
10.45 Uhr